Golden Gate Bridge Sonnenaufgang SFO Battery Spencer

Licht malen mit Langzeitbelichtungen. Zeit und Bewegung festhalten. Der Reiz von Nachtfotografie und der Festhalten der blauen Stunde hat mich vor zwei Jahren voll erfasst. Und ist auch das Programm für diesen Blog – „Bilder aus Strom“.

Am Anfang bin ich an die Sache eher nach dem „Trial & Error“ Prinzip Resultate herangegangen. Heute hab ich eine kleine Checkliste, die ich im Vorfeld durchgehe.

Ich würde mich freuen, wenn Dir diese Tipps gefallen, die ich in einem kleinen Tutorial zusammengestellt habe.  Und die aus meiner Sicht für erfolgreiche Langzeitbelichtungen und Nachtaufnahmen wichtig sind.

1. Stabiler Stand – Stativ
Eigentlich fast eine Selbstverständlichkeit: Ein gutes Stativ liefert Dir die Basis für Deine Langzeitbilder. Ich persönlich (wie Du wahrscheinlich auch) bevorzuge die Kombination aus leicht, handlich, schnell einstellbar, maximale Höhe und stabiler Stand. Und genau hier liegt oft die Krux, da nicht jedes Stativ genau diese Punkte unterstützt. Ein hoher Auszugsstand der Beine ist klar von Vorteil, da Du dann die Mittelsäule nicht so stark ausfahren musst (Stabilität/Windanfälligkeit). Als Vorteil hat sich bei meinen Stativen auch ein Kugelkopf erwiesen, der sich flexibel und schnell in alle Richtungen einstellen lässt. Und auf dem ich die Kamera per Klick und Wechselplatte befestigen kann. Ich nutze hier den Kugelkopf 494RC2 von Manfrotto. Ein weiterer Vorteil ist auch, wenn Du bei Deinem Stativ einen kleinen Haken an der Mittelsäule hast, an dem Du bei Bedarf ein Gewicht (z.B. Fotorucksack) befestigen kannst. Dieser hat sich bei starkem Wind schon oft als Retter scharfer Bilder erwiesen.

Berlin Alexanderplatz - Blaue Stunde, Golden Hour, Nachtaufnahme
Berlin Alexanderplatz – Blaue Stunde

2. Der „M“ Modus – manuelles Einstellen von Blende und Zeit
Den M-Modus hab ich am Anfang wie der „Teufel das Weihwasser“ gescheut. Und heute ist es einer meiner Lieblingsmodi an der Kamera. Du hast hier die beste Kontrolle über Tiefenschärfe (Blende) und Bewegung (Zeit) und Licht.

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3. ISO-Wert – je niedriger desto besser
Ich nutze meist ISO 100 und stelle diesen Wert ebenfalls manuell ein. Die meisten Kameras sind heute so Lichtstark, dass sie auch dunkle Situationen über einen automatischen ISO-Wert handeln können – was sich dann aber in Bildrauschen bemerkbar macht. Wenn Du den ISO-Wert erhöhst, musst Du beachten, dass dies einen direkten Einfluss auf Deine Blenden/Zeit Werte hast. Ich benutze dies gerne, um schnell eine kürze Belichtungszeit bzw. mehr Licht ins Bild zu bekommen. Dieses Abhängigkeits-Dreieck des Lichts aus „ISO“, „Blende“, „Zeit“ solltest Du immer im Hinterkopf haben – dann kannst Du es am Besten für Deine Kreativität nutzen.

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Berlin Mitte Sonnenuntergang mit Fernsehturm und Alexanderplatz – Blaue Stunde Nachtaufnahme

4. Die richtige Blende
Ich persönlich bevorzuge kleine Blendenstern und lange Belichtungszeiten. Und gehe daher meist auf kleine Blenden (= große Blendenzahl) – wie 18 oder 20. Die Blendensterne entstehen durch die engen, geschloßenen Blenden. Im Gegenzug musst Du bei kleinen Blenden, die Belichtungszeit entsprechend anspassen. Was wiederum im „M“-Modus am schnellsten und einfachsten geht.

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San Fancisco Cable Car mit Blendensternen ( Canon 16-35mm, 4.0, f22, 5s, ISO 100 + Stativ) – Blaue Stunde – Nachtaufnahme

5. Autofokus „Aus“ – manuelles scharf stellen „Ein“
Den Autofkus solltest Du auf „Aus“ stellen. Bei einigen Kameras funktoniert er eh nur eingeschränkt im Dunklen. Und so vermeidest Du, dass sich der Fokus aus Versehen verstellt und Du es erst im Nachgang zu Hause bemerkst.

Meist wirst Du mit der Einstellung „unendlich“ gut fahren. Zur Sicherheit prüfe ich entweder im Live-View Mode (Reinzoomen in das Videovorschaubild) oder mit einem Testbild (Auslösen und maximal Reinzoomen), ob der Fokus 100% richtig sitzt.

Auch solltest Du alle „Image-Stabilzer“ Funktionen Deines Objektives auschalten. Da diese zu leichtem Wackeln/Verwackeln führen können.

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Kroatien – Sonnenuntergang (Canon 16-35mm, 4.0, f22, 1s, ISO 100 + Stativ + LEE ND-Filter Verlauf 0.9)

6. Das richtige Auslösen – Spiegelvorauslösung, Timer oder Fernauslöser?
Die Spiegelvorauslösung auschalten? Eine Glaubensfrage. Ich persönlich mache dies nicht. Und hatte bisher auch keine negativen Einflüße oder Nachteil feststellen können. Ich setze hier eher auf einen Fernauslöser, meiner ist kabelgebunden (ca. 19 Euro), aber ist gibt auch einige Apps und Funkauslöser die Du nutzen kannst.

Wichtig ist, dass Du beim Auslösen nicht aus Versehen, die Kamera zum Wackeln bringst – und mein Fernauslöser hat zudem den Vorteil, dass ich ihn arretieren kann (was bei langen Belichtungszeiten von 2-3 min) ein großer Vorteil ist.

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Alte Mühle Golling, Salzburger Land – (Canon 16-35mm, 4.0, f22, 1s, ISO 320 + Stativ)

7. Objektive & Graufilter – die Richtigen, aber Welche?
Welches Objektiv eignet sich am besten für die Nachtfotografie? Und welches ist das richtige? Das richtige Objektiv ist sicherlich leider auch oft eine Budgetfrage. Neben der Lichtstärke ist die Randverzeichnung (Schärfeabfall zum Bildrand) ein Punkt, den Du beachten solltest. Gerade bei Weitwinkelobjekten macht sich diese schnell bemerkbar. Ich persönlich bevorzuge ein 16-35 mm Weitwinkelobjektiv (Canon) und habe bei Touren nur noch dieses dabei.

Zur blauen Stunde setzte ich gerne Graufilter/Verlaufsfilter ein. Warum? Zum einen betone ich damit bestimmte Element wie Wolken/Himmel. Und auch die Bewegung wird durch die längere Belichtungszeit weicher und flüssiger (Wolken, Wasser). Zum anderen kann man mit ND Filtern (Neutraldichte) gut in den Sonnenuntergang fotografieren, ohne dass dies zu Überbelichtungen führt.

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The Arch Big Sur Pfeiffer Nationalpark Kalifornien – Wintersonne mit ND-Filter ( Canon 16-35mm, 4.0, f20, 2s, ISO 100 + Stativ + LEE ND-Filter Verlauf 0.9) – Blaue Stunde – Golden Hour

Und ein weitere Vorteil von Graufiltern mag ich Dir nicht verschweigen – „störende“ Element wie zum Beispiel Personen auf Plätzen lassen sich durch die längeren Belichtungszeiten oft schon bei der Aufnahme „rausretuschieren“. Hier bevorzuge ich die Steckfilter von Haida und Lee. Beide Systeme lassen sich perfekt ergänzen. Und sitzen gut und fest am Objektiv.

8. Maximale Qualität – RAW Modus und Histogramm
Das Fotografieren im RAW Modus erlaubt Dir, in der Nachbearbeitung das Maximale aus Deinen Aufnahmen zu holen, da die Bildinformationen unbearbeitet und unkomprimiert (also „roh“/RAW) auf der Speicherkarte abgelegt werden.

Histogramm

Auch wenn der Nachbearbeitungsgang etwas umständlicher ist und die Bilddateien größer ausfallen, schätze ich die Möglichkeiten der RAW-Dateien wie tiefgehende Lichtinformationen, nachträglicher Anpassung des Weißabgleichs und das Fehlen des Bildrauschens durch Kompression (wie bei JPEG). Ein weiterer Qualitätsbaustein ist das Histogramm Deiner Kamera, das Dir alle Informationen zu Deinen Schwarz- und Weißwerten liefert. Diese sollten nach beiden Seiten nicht angeschnitten sondern ausgewogen belichtet sein.

9. Der richtige Zeitpunkt – Sonnenauf- und Sonnenuntergang – aber wann?
Ich hab es mir angewöhnt, den Ort oft schon bei Tageslicht zu besuchen, um einen guten Einblick für den Bildaufbau zu bekommen. Leider führt das oft dazu (vor allem im Norden), dass ich viel zu früh für die blaue Stunde vor Ort bin und das heist dann warten, warten, warten (siehe nächster Punkt). Um den besten Zeitpunkt zu erwischen hat sich bei mir die App „SunSeeker“ bewährt, die den aktuellen Sonnenstand, Sonnenauf- und –untergangszeiten sowie den Sonneverlauf (Bahn) anzeigt.

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Sonnenaufgang Golden Gate Brigde 05:30h (Canon 16-35mm, 4.0, 21mm/ f22, 15s, ISO 100 + Stativ + LEE ND-Filter Verlauf 0.9)

10. Das persönliche Wohlbefinden – Kleidung und Verpflegung?
Ja das Thema hängt wohl direkt mit dem vorigen Punkt zusammen. Was ich bei meinen ersten Langzeitbelichtungen völlig unterschätzt habe, war die richtige Kleidung (warm und bequem) und die richtige Verpflegung (Kaffee zum Morgen, bzw. heißer Tee und Essen für die Wartezeit). Das solltest Du nicht vernachlässigen 😉

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Sonnenaufgang Golden Gate Bridge – und ausnahmsweise an eine Mütze gedacht 😉

Ich hoffe die Tipps & Beispiele sind für Dich nützlich – und ich würde mich über Dein Feedback freuen!

Viel Spaß bei Deinen Expeditionen zur blauen Stunde und in die Nacht.

5 thoughts on “10 Tipps für die Nachtfotografie – die erfolgreiche Blaue Stunde

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