Max Mannheimer engagierte sich Zeit seines Lebens für Aussöhnung, Erinnerung und ein Vermitteln der Gräuel des dritten Reiches aus der Perspektive des Betroffenen Zeitzeugens.
Mehrmals durfte ich in im Rahmen von Kulturtagen und Zeitzeugengesprächen an unserem Gymnasium in Bad Aibling und bei Vorträgen im KZ Dachau erleben.
Unermüdlich und engagiert war es ihm wichtig seine Erlebnisse so zu vermitteln, dass es der jüngeren nachfolgenden Genration ein Bild der Verantwortung und nicht der Schuld vermittelte.
Er schilderte die Erfahrungen seiner Familie, den Tod naher Familienmitglieder, die eigene Deportation nach Theresienstadt, Auschwitz, den Aufenthalt im KZ Dachau und den Todesmarsch – letztendlich die Befreiung und den Neuanfang. Wie durch ein Wunder überlebte er all diese Schicksalsschläge, richtete den Blick auf das Neue.
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Lebensdaten
- geboren 1920 in Neutitschein/Tschechoslowakei
- Ausbildung zum Kaufmann
- Deportation Auschwitz 1943
- Oktober 1943 Überstellung nach Warschau. um die Trümmer des zerstörten Ghetto zu räumen
- August 1944 Verlegung nach Dachau und Zwangsarbeit Aussenlager Karlsfeld
- Teilnehmer Todesmarsch nach Mühldorf
- 30. April 1945 Befeeiung durch amerikanische Truppen
- lebte er bis zu seinem Tod im September 2016 in der Nähe von München
- vermittelte als unermüdlicher Referent und Zeitzeuge an zahlreichen Schulen, Schülern das Erlebte
Zahlreiche Ehrungen: u.a.
- Träger des Bayerischen Verdienstordens
- Ehrendoktorwürde Ludwig-Maximilians-Universität München
- Ritter der franz. Ehrenlegion
- großes Verdienstkreuzes mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
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Seine Vorträge waren nie von Bitterkeit erfüllt, obwohl seine persönlichen Erlebnisse ausreichend Anlass dazu geliefert hätten. Vielmehr eröffnete er die Perspektive auf eine Zeit, die sich nie wieder wiederholen sollte, mit all ihren Facetten des Terrors und der Ungerechtigkeit, aber auch des Blickwinkels des Überleben-Wollens und der Hoffnung auf das vielleicht Kommende und Besseren.
Manchmal sah ich ihn, als professorenhafte Gestalt, weißharig, mit Dokumenten bepackt und hochbetagt weit über die 90ig, abends am Münchner Ostbahnhof, in seine S-Bahn in einen östlichen Vorort steigen. Und jedesmal erfüllte es mich mit großer Freude, ihn noch immer unermüdlich im Einsatz zu sehen. Ein Kämpfer für ein verantwortungsvolles, mahnendes Geschichtsbewusstsein.
Im Herbst 2016 plante ich ein weiteres Zeitzeugengespräch von ihm in Bad Aibling zu besuchen. Und als Sonntag morgens am Veranstaltungsort ein Zettel hing „Referent erkrankt”, stand die Gruppe der Besucher mit Tränen in den Augen da. Mit dem Bewusstsein, dass seine Lebenszeit und sein Zeitzeugen-Dasein endlich ist. Drei Tage später verstarb Max Mannheimer im Alter von 96 Jahren.
Als vor wenigen Wochen das Gymnasium in der Nachbarstadt Grafing nach ihm benannt wurde, war dies einerseits ein Zeichen, dass er noch immer als positiver Mahner unter uns lebt und andereseits immer noch mit den nachfogenden Generationen verbunden bleibt.
Max Mannheimer wäre am 06.02.2020 100 Jahre alt geworden.
Mit Glück erfüllt es, ihn als Zeitzeugen und Mensch erlebt haben zu dürfen. Mit Verantwortung erfüllt es, zu wissen, dass nun ohne ihn das Vermittelte weitergeben werden muss. Gegen das Vergessen, das Geschichtsrelativierende und – verfälschende.
Danke Max Mannheimer!
Buchtipp
Max Mannheimer, drei Leben, DTV Verlag
P.S: Ein großes Dankeschön an Weltbeobachterins Notizblog für ihren Beitrag, der mich beim Lesen und der Frage nach der geschichtlichen Vermittlung ohne Zeitzeugen, zu diesem Blogbeitrag inspiriert hat!
Danke für diesen sehr persönlichen Beitrag, bei dem ich spüre, dass Max Mannheimer unter uns weiterlebt und nachhaltig unser Erinnern wachhält, dass wir ohne schlechtem Gewissen, ohne Vorurteile dafür Sorge tragen dürfen, dass rechtsextremes Gedankengut nicht die Oberhand gewinnt!
Danke Dir! Es darf kein “genug erinnert” und Aussagen wie “Schuldkultur” geben. Das Erinnern und die damit verbundene Verantwortung ist nun unsere Aufgabe. Eine wahrlich einfache Aufgabe im Vergleich zum Leid, das vielen zugefügt wurde.
Danke, für diese persönliche Geschichte. Dieses Zitat von ihm gefällt mir sehr. Er mahnt, aber er beschuldigt nicht die Nachfahren – sondern hilft durch sein Erzählen des unglaublichen, dass wir gewarnt werden vor erneuter Menschenhass und hatz.
Ja und es zeigt uns, dass die Verantwortung nun bei uns liegt. Und das Zitat ist unser Auftrag.
ja, so sehe ich es auch